Asyl, Flucht und Migration sind derzeit große Themen in den Medien und bewegen Politik und Gesellschaft. Gerade Probleme wie Wohnen, Integration und Ausbildung werden viel diskutiert. Neu sind diese Fragestellungen allerdings nicht. Der Arbeitskreis Asyl Weiden e.V. setzt sich nun schon seit 30 Jahren damit auseinander. Durch schulische Unterstützung und darüber hinausgehende Förderung sollen den Kindern die Integration erleichtert und bessere Chancen im deutschen Bildungssystem ermöglicht werden. Mit einem bunten Programm blickte man anlässlich des Jubiläums auf diese Arbeit zurück. (as)
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Staatsministerin Aydan Özoguz besucht AK Asyl
Asyl, Flucht und Migration. Themen, die sowohl die Politik als auch die Gesellschaft immer noch vor große Herausforderungen stellen. Das Thema Integration dabei heiß diskutiert. Der Arbeitskreis Asyl in Weiden leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag. Staatsministerin Aydan Özoguz ist Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration und hat sich gestern Nachmittag ein Bild von der Situation in Weiden gemacht.
Derzeit sind knapp 300 Asylbewerber in Weiden untergebracht, eine finanzielle Herausforderung. Aydan Özoguz weiß: Die Kommunen müssen überleben können. Bund und Länder müssten hier aber finanzielle Unterstützung leisten. 5 Milliarden Euro wolle der Bund für finanzschwache Kommunen zur Verfügung stellen. Das Geld unterstütze die Kommunen, um die Kosten für Unterbringung zu tragen und die Integration voranzutreiben.
Einen wichtigen Beitrag zur Integration leistet auch der Arbeitskreis Asyl in Weiden und das seit 30 Jahren. Von der zweiten bis zur zehnten Klasse werden Kinder hier bei den Hausaufgaben betreut.
Ministerin stört bei Mathe
Aydan Özoguz begeistert von der Hausaufgabenbetreuung des AK Asyl
Bei ihrem Besuch in Weiden machte Aydan Özoguz auch bei der Hausaufgabenbetreuung des AK Asyl Halt. Auf einer Runde durch die Zimmer der verschiedenen Altersstufen widmete sich die Politikerin ausnahmsweise den Alltagsproblemen von Schülern: Multiplikation, “Aufbau der Wirbelsäule” oder Erlebniserzählung. Deswegen: Nur ein paar Sätze mit der Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, dann aber weiter mit Mathe, Deutsch oder Biologie.
Im Gespräch mit Jost Hess betonte sie, wie wichtig solche privaten Initiativen seien. “Ich weiß von vielen Helfern, aber von dem tatsächlichen Engagement muss man sich vor Ort ein Bild machen.” Die Staatsministerin war begeistert von der Tatkraft und dem Erfolg des Teams um die langjährigen Macher der Hausaufgabenbetreuung, Ursula und Jost Hess.
Aydan Özoguz zeigte sich offen und empathisch für viele Probleme des Alltags der Kinder in der Hausaufgabenbetreuung. Schließlich bot die Ministerin Jost Hess ihre konkrete Unterstützung an. “Bitte melden Sie sich bei mir oder meinem Team. Wenn ich bei Schwierigkeiten helfen kann, werde ich das auch sicher tun.”
Quelle: Der Neue Tag, 20.04.2015
“In Weiden Klima zum Besseren verändert”
Jost Hess (Arbeitskreis Asyl) rechnet im Herbst mit weiteren 200 Asylsuchenden im ehemaligen Camp Pitman
Weiden. (cf) Mitte der 80er Jahre schleuderten Unbekannte einen schweren Stein in die Heckscheibe seines Autos, zerstörten den Kinderwagen vor dem Haus, drohten in anonymen Anrufen. Ehefrau Ursula traute sich zeitweise nicht mehr ans Telefon. Nur weil er andere Menschen in Not – nämlich Asylsuchende – unterstützte, zog sich Jost Hess einigen Hass zu. “Inzwischen hat sich in Weiden das Klima zum Besseren verändert”, sagt der heute 68-Jährige.
Damals diente das ehemalige Wohnheim der AWO in der Leimbergerstraße als Unterkunft für Asylbewerber. Der benachbarte Kindergarten zog sogar Stacheldraht auf, so angsterfüllt und aufgeheizt war das Klima, “so negativ das Umfeld”. Hess: “Besonders die Kinder litten unter dieser deprimierenden Situation.” In seinem Vortrag beim Lions Club Weiden sprach Hess von einem “Versagen der damaligen Stadtpolitik”.
Jost Hess initiierte mit seiner Ehefrau Ursula vor 30 Jahren den Arbeitskreis (AK) Asyl und wenig später stellte er die Hausaufgabenhilfe für Flüchtlings- und Migrantenkinder auf die Beine. 70 qualifizierte Betreuer (darunter viele ehemalige Lehrer) kümmern sich heute – täglich bis 20 Uhr – um 260 Kinder: “Kinder, die kein Wort Deutsch sprechen und deshalb zu Außenseitern in der Schule werden.” Weil die intensive Betreuung in dem in Bayern einmaligen Projekt das “intellektuell Mögliche aus den Kindern herausholt”, sind trotz der (anfänglichen) Sprachprobleme Schulabbrecher so gut wie unbekannt. Viele ehemalige Flüchtlingskinder verfügen über einen akademischen Abschluss. Die vom bayerischen Kultusministerium, Stiftungen und von einem zuverlässigen “Spender-Stamm” getragene Betreuung kostet jährlich 600 000 Euro. Von den derzeit 320 Asylbewerbern in Weiden sind 130 im einstigen Camp Pitman untergebracht, wo sich vier Personen – zum Teil unterschiedlicher Nationalität – in 24 Quadratmeter kleinen Zimmern drängen. “Es darf nicht sein, dass wir mit Menschen so umgehen, wie wir uns das selber keinesfalls zumuten würden”, beschreibt Hess die traurigen Zustände und das “äußerst problematische menschliche Klima” in dieser Sammelunterkunft. Er rechnet damit, dass im Herbst dieses Jahres weitere 200 Asylbewerber in Containern auf dem Gelände der früheren US-Kaserne einquartiert werden. “Wegen der einfacheren Kontrolle will die Regierung der Oberpfalz große Sammelunterkünfte.”
Schlepper nur Fluchthelfer?
Im Landkreis Neustadt/WN sind 500 Asylbewerber dezentral untergebracht, der nach Ansicht von Hess “einzig menschenwürdigen” Möglichkeit. Jost Hess, leitender Finanzbeamter a. D., relativiert die Tätigkeit der Schlepper: “Die Schlepper wurden einst Fluchthelfer genannt und bekamen sogar Orden.” Zehn Prozent der Asylbewerber hielten sich unberechtigt in Deutschland auf.
Quelle: Der Neue Tag, 09.04.2015